„Warum nicht zu den Sternen greifen?“ Das fragen sich viele in der Gender-Debatte. Für Blinde und Sehbehinderte sind die kleinen Sternchen mitten im Wort jedoch oft eine Qual.
Texte auf ihrem Bildschirm „lesen“ den Blinden und Sehbehinderten sprechende Computer vor. Jedes Sonderzeichen mitten im Wort unterbricht diesen Sprechfluss und irritiert beim Lesen. Je mehr Sternchen im Text vorkommen, desto anstrengender wird seine Lektüre für Menschen mit Sprachausgabe.
wichtig ist deshalb, dass das Gender-Sternchen so sparsam wie möglich eingesetzt wird. Zudem sollte es nicht benutzt werden in zusamengesetzten Substantiven wie Bürger*Innenbeteiligung, da es dort noch stärker verwirrt als ohnehin. Auch andere Sonderzeichen wie der Doppelpunkt schaffen noch mehr Verwirrung als das Sternchen, da sie häufiger im Satz vorkommen und möglicherweise Irritationen auslösen können, dass im vorliegenden Satz vielleicht ein Tippfehler vorkäme.
‚Im besten Falle sollte die Behinderung nicht gegen die Belante von Trans*Menschen oder Frauen ausgespielt werden. Darum ist ein – allerdings wirklich absolut sparsamer – Gebrauch dieser Schreibweise als Ausdruck von Solidarität untereinander für viele Menschen mit Sehbeeinträchtigungen vermutlich hinnehmbar.
Strategisch ist es sinnvoll, das Sternchen relativ früh im Text einmal zu verwenden, um Trans*Personen damit die Berücksichtigung ihrer Belange zu vermitteln. Danach könnte der Text alternierend zu Aufzählungen beider Geschlechter oder dort, wo es passt, zu neutralen Wörtern umschalten, um dann das Sternchen sehr selten wieder aufzuführen.
„Die Sprachprogramme“ als gemeinsame Technologie gibt es ebensowenig wie „die Behinderten“. Nicht nur die Menschen sind verschieden, sondern auch ihre Synthetischen Sprachausgaben, die sie zudem entsprechend ihrer individuellen Bedürfnisse einstellen. Darum ist es auch nicht allzu hilfreich, blinde Bekannte nach ihrer Meinung zu fragen und dann zu glauben, nun besäße mensch eine allgemeingültige Richtschnur.
In jedem Fall ist es aber sinnvoll, nur sehr vereinzelt Gender-Sternchen einzusetzen und zur Vermeidung von Bandwurmsätzen möglichst weitgehend auf neutrale Wörter wie „Bevölkerung“ oder „Demonstrierende“ zurückzugreifen, wo das passt. Wichtig ist jedoch, dass dieses Vorgehen niemanden ausgrenzen soll, sondern einen -wenn auch leider nicht optimalen – Kompromiss zwischen unterschiedlichen Bedürfnissen darstellt. Letztlich ist Sprache immer der Ausdruck des Denkens und das Denken wiederum auch Ausdruck der Sprache, die sich am besten allen Mitmenschen zuwenden und möglichst niemanden diskriminieren sollte.
Mit einem solchen Vorgehen würde man auch Menschen mit Lernbeeinträchtigungen das Lesen der betreffenden Texte erleichtern. Schließlich sollte das berechtigte Interesse benachteiligter Menschen an einer geschlechtergerechten Sprache nicht zur Ausgrenzung anderer Menschen führen, die noch weitaus stärker benachteiligt werden. Solidarität ist schließlich immer gestützt auf gegenseitige Unterstützung.
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