Den Umgang mit Fahrscheinautomaten erlernen Rentnerinnen und Rentner im Ruhrgebiet jetzt schon bei Kursen an einer örtlichen Volkshochschule. Zudem zeigen die Kursleiter ihnen, wie man sich am Computer selbst Bahntickets ausdruckt. Ist das nicht wirklich eine verkehrte Welt?
Eigentlich sollte doch die Technik dem Menschen dienen. Immer kompliziertere Automaten und Computerprogramme bringen aber messenhaft Menschen tagtäglich an den Rand der Verzweiflung. Oft durchschauen nur die Programmierer und Konstrukteure, wie die Technik funktioniert.
Für die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel und die Fahrt mit Zügen der Deutschen Bahn AG (DBAG) muss es Alternativen zum Kauf der Fahrkarten an Automaten geben. Es darf nicht sein, dass die DBAG immer mehr Fahrkartenschalter schließt und ihre Kunden an Automaten abdrängt.
Diesem Ziel diente vermutlich auch die sogenannte „Service-Gebühr“, die der DBAG-Vorstandsvorsitzende Hartmut Mehdorn ursprünglich zum Fahrplanwechsel Mitte Dezember 2008 einführen wollte. Erst nach massivem Protest musste er dieses Ansinnen schließlich wieder aufgeben.
Doch die Schließung von Schaltern mit Verweis auf die Automaten und das Internet droht weiterhin. Maschinen sind eben billiger als Menschen.
Doch gerade hier lohnt sich das Innehalten und Nachdenken. Bei einer Arbeitslosigkeit von weit mehr als drei Millionen Menschen wäre es doch vielleicht besser, bisher erwerbslose Zeitgenossen an Schaltern mit der Kundenbetreuung von Reisenden und Nutzern des Nahverkehrs zu betrauen.
Angesichts der gigantischen Vernichtung von Geld durch das derzeitige Wirtschaftssystem ist ein Nachdenken über menschenfreundlichere Wirtschaftsstrukturen dringend notwendig. Dabei steht auch die Frage zur Debatte, ob unverständliche Automaten oder komplizierte Computerprogramme weiterhin dazu dienen sollen, menschliche Arbeit zu ersetzen.
Das Angebot eines Kartenkaufs im Internet ist ja durchaus sinnvoll. Doch dürfen die technik-begeisterten Programmierer nicht glauben, dass sie damit ältere, behinderte oder einfach nur technik-ferne Menschen wirklich versorgt hätten. Beinahe schon pervers wird es, wenn – wie jetzt im Ruhrgebiet – die Menschen an die Technik herangeführt und dann auf deren Nutzung dressiert werden, während die Automaten immer komplexer und komplizierter werden.
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