„Verordnete Barrierefreiheit“ hieß der Workshop 9 bei der Tagung „Einfach für Alle“ am Dienstag (6. Mai) in Gelsenkirchen. Veranstalter der Tagung war die Aktion Mensch (AM) in Bonn.
Eingeladene Experten waren Shadi Abou-Zarah von der
Web-Accessibility-Initiative (WAI), Andreas Schlüter vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMA) in Berlin und Franz-Josef Hanke vom Arbeitskreis Barrierefreies Internet (AKBI) in Marburg. Die Moderation hatte Jutta Croll von der Stiftung Digitale Chancen übernommen.
Abou-Zarah stellte den Diskussionsstand um die Erneuerung der WAI-Richtlinie vor. Mit ihrer endgültigen Verabschiedung sei voraussichtlich im Herbst zu rechnen. Gegenüber dem derzeit öffentlich zur Diskussion gestellten „Last Call“ werde die endgültige Richtlinie voraussichtlich nur geringfügig abweichen.
Schlüter erklärte das Vorgehen seines Ministeriums. Derzeit werde an einer Erneuerung der „Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung“ (BITV) gearbeitet. Mit ihrer endgültigen Inkraftsetzung sei voraussichtlich im Herbst zu rechnen.
Alle anwesenden Experten forderten nun eine Harmonisierung der beiden Regelwerke. Keinesfalls dürfe es passieren, dass deutsches Recht und die internationale Richtlinie nicht miteinander kompatibel seien, lautete die einhellige Erwartung aller Diskutanten.
Schlüter versprach, dass die beteiligten Experten ihre Möglichkeiten zur Harmonisierung der BITV mit der WAI-Richtlinie nutzen könnten und würden. Das sei wohl auch möglich, wenn die endgültige WAI-Richtlinie nicht mehr allzu stark vom jetzigen Entwurf abweiche.
Hier äußerten einige Anwesende Zweifel, da bereits vor Längerem schon einmal ein „Last Call“ vorgelegen hatte, den das World Wide Web Consortium (W3C) dann aber wieder vollständig zurückziehen musste. Abou-Zarah versuchte, diese Zweifel zu zerstreuen, da der neue Entwurf das Ergebnis genau dieser Kritik am vorherigen Text sei.
Die Erfahrung zeige, dass in allen Bundesländern mehr barrierefreie Internet-Seiten zum BIENE-Wettbewerb eingereicht wurden, wo es konkrete landesrechtliche Regelungen zur barrierefreien Gestaltung der Internet-Angebote von Behörden gibt, berichtete Jutta Croll. Insofern hätten sich staatliche Regelungen auch auf private Anbieter ausgewirkt. Zur Umsetzung der Barrierefreiheit wollten sich die Anwesenden allerdings nicht allein auf gesetzliche Regelungen wie die BITV verlassen. Sie seien zwar notwendig, reichten allein zur Verankerung der Barrierefreiheit aber nicht aus. In Anlehnung an Hankes Thesen sprach sich der Workshop deswegen für eine Doppelstrategie aus, die sich soowohl auf staatliche Vorgaben stützt als auch auf das bürgerschaftliche Engagement zur Verankerung einer „Kultur der Barrierefreiheit“ in der Gesellschaft.
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