Twitter ist Teilhabe – Erfahrungsbericht eines Twitter-Anfängers

140 Zeichen sind nicht viel. Man muss sich sehr kurz fassen, um mit so wenig Platz für eine Nachricht auszukommen. Wer aber länger auf Twitter aktiv ist, kann sich an diese Beschränkung gewöhnen.
Für Lesende hat sie einen unbestreitbaren Vorteil: Tweets müssen mit diesen 140 Zeichen auf den Punkt kommen. Man ist also sehr schnell informiert über das, was auf Twitter so gepostet wird.
Gerade für Menschen in Zeitnot ist das ein großer Vorteil. Nachrichten der Tagesschau, des Hessischen Rundfunks (HR) oder der meisten Tageszeitungen, Wochen- und Monatsblätter melden auf Twitter zeitnah wichtige Ereignisse. Meist geben sie auch noch einen Link an, über den man auf etwas ausführlichere Texte zum jeweiligen Thema gelangen kann.
Angezeigt werden solche „Tweets“ in der sogenannten „Timeline“. Auf ihr listet Twitter die aktuellen Nachrichten chronologisch auf. Das Neueste steht oben, sodass man immer sofort im Bilde ist.
Zusammenstellen muss man sich diese Timeline selbst. Über eine spezielle Funktion sucht man sich verschiedene Twitter-Accounts aus, denen man „folgen“ möchte. Ihre aktuellen Nachrichten erscheinen dann auf der eigenen Timeline.
Neben Medien können das auch Vereine und Organisationen, bekannte Persönlichkeiten oder Privatpersonen sein. Je nach eigenem Interesse wählt man sich seine „Followings“ selber aus.
Ebenso wie man selbst anderen Twitterern folgt, können andere auch den Twitter-Account at akbimr auswählen und ihm folgen. Man wählt also nicht nur eigene „Followings“ aus, sondern wird auch von „Followern“ als Informationsquelle ausgewählt.
Im besten Fall entstehen so Informationsnetzwerke, die sich gegenseitig über aktuelle Ereignisse, Termine oder auch Einschätzungen unterrichten. Twitter ist eine gigantische Informationsplattform mit Milliarden von Nutzern, die jede Sekunde Milliarden von Mitteilungen in die Welt versenden.
Da alle „Tweets“ offen einsehbar sind, ist Twitter für private Nachrichten ungeeignet. Das übersehen viele Twitterer allerdings geflissentlich, wenn sie Morgengrüße, Mahlzeiten, Kaffeepausen, ihren Gemüts- und Gesundheitszustand oder gar Urlaubsreisen an die ganze Welt hinausposaunen.
Nach und nach merkt der Twitter-Einsteiger, welche „Followings“ eher Unwichtiges übermitteln und wo interessante Nachrichten zu erwarten sind. So kann man „Followings“ auch wieder „entfolgen“ und sich andere suchen.
Wichtige Informationen anderer Accounts kann man auch „retweeten“ und so an die eigenen Follower weiterleiten. Auch kann man auf Tweets antworten und regelrechte Twitter-Debatten führen. Dabei erweist sich die Begrenzung auf 140 Zeichen allerdings oft als problematisch.
Neue „Followings“ findet man entweder über die „Retweets“ anderer „Followings“ oder über die Suchfunktion bei Twitter. Sie erlaubt eine Suche von Accounts nach speziellen Suchbegriffen ebenso wie eine Suche nach Tweets zu entsprechenden Themen.
Um diese Suche zu befördern, kann man sogenannte „Hashtags“ verwenden. Man markiert in einem Tweet ein Wort mit dem Zeichen „#“, damit es leichter zu finden ist. Wenn #Marburg in einer Mitteilung steht, dann erscheint sie bei einer Twitter-Suche nach „Marburg“.
Solche „Hashtags“ erhöhen die Chance, dass Tweets von Interessierten in den Milliarden unterschiedlichster Nachrichten überhaupt gefunden werden. Damit erhöhen sie zugleich die Chance, dass Gleichgesinnte dem eigenen Account folgen. Bei wichtigen Informationen sollte man also die passenden „Hashtags“ setzen.
Eine möglichst große Zahl von Followern stärkt nicht nur das Selbstbewusstsein, sondern auch die Verbreitung der eigenen Mitteilungen. Damit erhöht sie den Anreiz, Zeit in die Erstellung neuer Tweets zu investieren.
Der Zeitaufwand für das Schreiben und Lesen von Tweets kann schnell in die Stunden gehen. Wenn man nichts versäumen möchte, sollte man mindestens morgens und abends sowie vielleicht auch mittags einmal die eigene Timeline anvisieren.
Um dann nicht überrollt zu werden von Tausenden Tweets, muss man die eigenen Followings sinnvoll begrenzen. „Labertaschen“ fliegen allein schon aus Zeitmangel raus. Das sollte man sich auch beim Erstellen eigener Tweets klar machen.
Um sich auch längere Zeit vom Internet abkoppeln zu können, kann man sich bestimmte Mitteilungen von Twitter auch seinen e-Mail-Account schicken lassen. Dann sendet der Kurznachrichtendienst einem per Mail beispielsweise Antworten auf die eigenen Tweets oder solche Tweets zu, in denen der eigene Account erwähnt wird.
Allerdings ist diese Funktion nicht immer verlässlich. Das gilt auch für die Timeline, die mitunter schon einmal Nachrichten verschluckt. Sogar Followings und Follower sind bereist aus technischen Gründen spurlos verschwunden.
Zudem ändert Twitter nahezu ständig Details an seiner Oberfläche. Dann muss man mühsam heraustüfteln, wo man sich jetzt ausloggen kann oder wie man einen eigenen Tweet löscht.
Weitgehend barrierefrei für den Tagesgebrauch ist Twitter Mobile für UMTS-Telefone. www.mobile.twitter.com ist auch mit älteren Internet-Browsern in seinen Standardfunktionen gut zu bedienen.
An Grenzen stoßen Blinde allerdings bei Funktionen wie einer Änderung der sogenannten „Bio“. Die Angaben zum eigenen Account und andere persönliche Einstellungen lassen sich über Twitter Mobile nur schwer ändern.
Hier hilft eine spezielle Internetseite, die eine barrierefreie Schnittstelle zu Twitter bereitstellt. Bei www.easychirp.com kann man praktisch alle Twitter-Funktionen barrierefrei bedienen. Allerdings ist diese Website dann so überladen, dass man für die alltäglichen Tweets doch lieber auf Twitter Mobile zurückgreift.
Wenn man nach einiger Zeit seine individuellen Erfahrungen mit Twitter gemacht hat, dann kann man von dem Kurznachrichtendienst durchaus profitieren. Man ist besser und speziell in seinen individuellen Interessengebieten informiert. Man gewinnt Kontakte zu Gleichgesinnten und lernt interessante Personen kennen, die man im „realen“ Leben niemals kennengelernt hätte.
Gerade für die Selbsthilfe bietet Twitter großartige Möglichkeiten zur Vernetzung. Behinderte können ihre besonderen Belange hier nicht nur miteinander austauschen, sondern auch mit anderen Vereinen, Institutionen und Personen.
Längst hat sich Twitter zu einer Plattform gemausert, über die Kampagnen organisiert und Informationen verbreitet werden. Der Forderung nach „Inklusion“ kommt diese Möglichkeit in geradezu idealer Weise entgegen.
Die Begrenzung jeder Mitteilung auf nur 140 Zeichen ist mitunter eine Barriere. Doch stellt sie zugleich auch eine Form von Barrierefreiheit dar, weil man die Hürde ellenlanger Texte dabei nicht überspringen muss. Den Zeitaufwand für das Schreiben und Lesen von Tweets allerdings muss man auch bei Twitter immer selbst begrenzen.

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