Mein Twitter ist immer dabei – Erfahrungsbericht eines fortgeschrittenen Twitterers

Der Kurznachrichtendienst Twitter gehört seit mehr als 6 Jahren zu den am stärksten wachsenden sozialen Netzwerken. Wie das System grundsätzlich funktioniert, hat Franz-Josef Hanke bereits ausführlich dargelegt.
Sein wahres Potential entfaltet der Zwitscherdienst aber erst dann, wenn er nicht über die Internetseite genutzt wird. Dafür gibt es unzählige sogenannte „Twitter-Apps“, die es jedem Handy- und Smartphone-Besitzer erleichtern, sich in der eigenen Timeline zurechtzufinden.
Nachrichten, Kurzmitteilungen und Link kann man auch auf Facebook, Hyphes oder wer-kennt-wen finden. Der unglaubliche Vorteil von Twitter ist die Geschwindigkeit und die Einfachheit des Systems. Deshalb haben viele Twitterer ständig ihr Handy dabei und geben zu jeder passenden und unpassenden Gelegenheit Tweets heraus, was manchmal nervig ist für Menschen, die Twitter vor allem als Informationsquelle benutzen wollen.
Seit August 2009 bin ich Mitglied bei Twitter. Ich folge rund 300 Personen, Institutionen und Presseorganen. Müsste ich die Nachrichten aller 300 Kontakte oder „followings“ im Browser lesen und mich dann jeweils entscheiden, ob ich antworte, hätte ich den Tag über nichts anderes zu tun. Deshalb verwende ich etwas Ähnliches wie eine App
Das ist ein Programm, das auf meinem Computer liegt und völlig ohne Browser und HTML-Seiten auskommt. Während ich diesen Text schreibe, kann ich binnen einer Minute die letzten 20 Tweets lesen, ohne den Editor verlassen und irgendetwas aufrufen zu müssen.
Ich bewege mich mit dem Cursor durch die Nachrichten wie in einem Editorfeld und habe nicht einmal ein zweites Fenster auf. Ein Tastendruck öffnet auf einer Nachricht das Antwortfeld und ich kann drauflos schreiben. Wenn ich eine Internet-Adresse zur Information eintippe, wird sie mit einem weiteren Tastendruck verkürzt und passt bequem in die 140 Zeichen hinein. Auch kann ich eine Audiodatei anhängen oder sogar gleich aufzeichnen.
Das alles mache ich, ohne den Webbrowser oder ein großes Programm wie Word oder Outlook aufrufen zu müssen, von jedem beliebigen Ort meines Computers aus. Ich drücke beispielsweise CTRL-Windowstaste-Pfeil-rauf und höre den nächsten Tweet. CTRL-Windowstaste-Pfeil-runter liest mir die nächst ältere Nachricht vor.
So kann ich jederzeit auf dem Laufenden bleiben, ohne Aufwand, ohne Unterbrechung meiner eigentlichen Arbeit. Zwar nehme ich mir morgens tatsächlich etwa eine halbe Stunde Zeit, um die Tweets der Nacht durchzusehen, aber ich beschränke mich aufgrund einer Filterliste, die ich mir erstellt habe, auf die Informationsquellen. Über Tag lese ich aber auch viele Nachrichten von interessanten Einzelpersonen, weil es mich keine Zeit kostet, oder fast keine Zeit. Ich lese einen Tweet mit Link, drücke eine Taste und der Browser geht auf und ich bin an meinem Ziel.
Viele Menschen verbringen den Großteil ihres Lebens in sozialen Netzwerken. Das finde ich bedenklich. Wenn man seine Zeit dafür aber begrenzen kann, können sie auch ein Segen sein und man lernt interessante Menschen kennen, mit denen sich ein Kontakt über das Netzwerk hinaus lohnt.
Mit 100 Freunden auf Facebook wäre ich hoffnungslos überfordert, auch wenn die dortige „Chronologie“ ein ähnliches System wie die Timeline auf Twitter darstellt. Alles geht aber, weil man ständig neue Seiten aufrufen muss, auf denen auch noch anderer Schnickschnack steht, extrem langsam vor sich. Dasselbe gilt für die Twitter-Webseiten.
Mit einer App hingegen kann ich einen Tweet lesen, ohne den Disclaimer, den Home-Button, das Copyright, ja sogar die Ladezeit der Seite mitnehmen zu müssen. Ich lese genau, was ich lesen will. Dann ist eine zeitliche Begrenzung möglich; und man kann als Journalist wirklich aktuell bleiben.
Leider gibt es für blinde und sehbehinderte Menschen, die selbst kein Smartphone besitzen, keine fehlerfreie App für Windows-Computer. Die Ersteinrichtung aller drei vorhandenen Programme – Qwitter, Twitmonger und TheQube – die auf denselben Grundlagen basieren, muss von einem Menschen gemacht werden, der sich damit auskennt. Grund dafür ist die Tastenbelegung, die bei deutschen Tastaturen anders sein muss als bei englischen.
Danach funktionieren diese Programme dafür aber sehr gut. Allerdings werden sie alle, wenn auch langsam, immer noch weiterentwickelt. Das geschieht durch ehrenamtlich arbeitende Personen.
Aus meinem Alltag ist Twitter nicht mehr wegzudenken. Wenn es interessante Themen gibt, verbringe ich durchaus zwei bis drei Stunden am Tag mit dem Lesen von Tweets und den dazugehörigen Zeitungsartikeln oder Blogpostings, was ja eigentlich nicht mehr zu Twitter gehört. Auch hat es schon interessante Debatten über das Netzwerk gegeben, die aber wegen der Zeichenbegrenzung manchmal zum Austausch von Schlagworten verkommen.
Gut ist, dass man sich sein Netzwerk selbst aufbaut und dass man nicht gezwungen ist, Informationen oder Belanglosigkeiten mitzunehmen, die einen nicht interessieren. So kann man sich Timelines von erstaunlichem Sachverstand zusammenstellen, aber auch – für den, der es mag – Timelines mit freundlichen und warmherrzigen Menschen, die man auch mal etwas fragen oder die man um technische oder persönliche Hilfe bitten kann.
Auch der Kontakt mit Politikern, Verbandsfunktionären, Journalisten, Sportlern, Popstars und anderen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens ist durchaus hin und wieder auf unkomplizierte Weise möglich, manchmal weit ab von Bürokratie und politischem Alltag. Gerade Politiker könnten mit einem klug genutzten Twitter-Account mehr Bürgernähe herstellen.
Übrigens: Nicht alles, was man auf Twitter schreibt, ist öffentlich. Es ist durchaus möglich, Einzelpersonen sogenannte Direktnachrichten zu schicken. Die können dann auch nur von den betreffenden Personen gelesen werden.

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